Hier ein interessantes Interview mit Karl Mauer, welches die Situation in der VLN ganz gut wiedergibt (Quelle: Facebook)

 

„Wir müssen sehr genau darauf achten, welche Rennautos in Zukunft auf dem Nürburgring fahren“

Karl Mauer, der Generalbevollmächtigte der VLN, über den Unfall beim ersten Saisonrennen, die aktuellen GT3-Autos und die Herausforderungen der Nordschleife, über die weitere Professionalisierung der VLN und den Dialog mit der neuen privaten Betreibergesellschaft des Nürburgrings.

Herr Mauer, am 28. März 2015 flog beim Saisonauftakt der VLN am Streckenabschnitt Flugplatz der Nissan GT-R des jungen Briten Jann Mardenborough von der Strecke über den Sicherheitszaun in den Zuschauerbereich und tötete einen niederländischen VLN-Fan. Wie schauen Sie heute auf diesen Unfall?

Auf diesen Unfall schaue ich zunächst aus der Perspektive der Zuschauersicherheit, die im Bereich Flugplatz verbesserungswürdig war; inzwischen hat man da ja auch entsprechende Maßnahmen ergriffen. Wir von der VLN bedauern diesen Unfall sehr. Es ist uns sehr nahe gegangen, dass erstmals nach 38 Jahren bei einem VLN-Rennen ein Zuschauer ums Leben gekommen ist. Kritischer muss man auf die Ursachen des Unfalls schauen. Es darf nicht sein, dass Rennautos, die, aus welchen Gründen auch immer, außer Kontrolle geraten, zu Flugobjekten werden, alle Sicherheitssysteme überwinden und dort Schaden anrichten, wo Zuschauer stehen.

Ist die Unfallursache geklärt?

Nein, offiziell und formal ist sie nicht geklärt. Der ermittelnde Staatsanwalt hat sich bisher noch nicht geäußert. Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass hier ein Fahrer im Grenzbereich das Limit überschritten hat.

Hat der Nissan-Werkspilot beim Überfahren der Kuppe an der Quiddelbacher Höhe einen Fehler gemacht?

An diesem Tag herrschte ein starker Wind. Es ist nicht auszuschließen, dass der Nissan in einem wirklich grenzwertigen Fahrzustand von einer Windböe erfasst wurde und möglicherweise dadurch abgehoben ist.

Von der Nordschleifen-Lizenz für Debütanten haben Sie sich eine weitere Steigerung der Sicherheit versprochen. Hat aber der Unfall eines Nordschleifen-Novizen im GT3 den Nordschleifen-Permit nicht ad absurdum geführt?

Das kann man so nicht sagen. Ich kenne ein paar Daten aus dem Auto, und aufgrund dieser Daten kann man schon nachvollziehen, wie sich der Fahrer verhalten hat. Und das war kein Verhalten, das auf Unerfahrenheit auf der Nordschleife zurückzuführen wäre. Der Fahrer war schon in den sechs Runden zuvor sehr schnell unterwegs. Und er gilt auch als talentiert. Das würde ich ihm sogar nach Interpretation der Fahrzeugdaten, in die wir Einblick hatten, bescheinigen. Er hat sich systematisch ans Limit herangetastet, und er hat es an einem bestimmten Punkt überschritten. Das passiert im Rennsport. Das Überschreiten des Limits hat eben zu etwas geführt, was wir für die Zukunft ausschließen müssen. Das ist mein Plädoyer: Ein Fahrer, der einen Fehler macht, darf sich nicht plötzlich in einem Flugobjekt wiederfinden.

Welche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen ziehen Sie heute aus diesem Unfall?

Im Grunde genommen dieselben, die der DMSB nach dem Runden Tisch am 7. April gezogen hat. In Frankfurt waren Hersteller, Rennstreckenbetreiber, Rennveranstalter und auch die VLN vertreten. Und es saßen auch Fahrer mit am Tisch. Man hat gemeinsam drei Problemfelder definiert, in denen Lösungsansätze entwickelt werden müssen. Das ist einmal der Bereich Fahrzeug und Fahrzeugtechnik. Das ist zum zweiten der Bereich Rennstrecke. Und das ist, drittens, der Bereich Fahrer, Ausbildung und Qualifikation der Fahrer. Es wird immer wieder Unfälle auf der Nürburgring-Nordschleife geben. Man kann nicht alle Szenarien vorhersehen, aber wenn wir einen ähnlichen Unfall wie den Ende März für die Zukunft ausschließen wollen, müssen wir in diesen drei Bereichen ansetzen. Alles andere wäre die zynische Missachtung eines Menschenlebens.

Tagen diese Arbeitsgruppen bereits?

Diese drei Arbeitsgruppen haben ihre Arbeit noch nicht aufgenommen – leider, muss ich sagen. Es bereitet mir Sorge, dass die Sache im Augenblick sehr schleppend verläuft. Es ist auch im Vorfeld schon zu erkennen, dass wenig Bereitschaft existiert, konzertiert und konsequent vorzugehen. Jeder zeigt auf den anderen, so nach dem Motto: Heiliger Sankt Florian, verschon’ mein Haus, zünd’ andere an. Der Nürburgring will keine signifikanten Umbauten an der Nordschleife; das kann ich verstehen, das unterstütze ich sogar bis zu einem gewissen Punkt. Die Hersteller scheuen sich meiner Einschätzung nach, an ihren GT3-Rennwagen Veränderungen vorzunehmen, um diese besser an die speziellen Bedürfnisse der Nordschleife anzupassen. Das Thema Fahrer und Fahrerqualifikation ist sicher wichtig, aber in diesem Fall nicht wirklich entscheidend.

Sind die vom DMSB getroffenen Maßnahmen Ihrer Bewertung nach angemessen?

Es wurden Sofortmaßnahmen getroffen, die ein einziges Ziel hatten: den Betrieb auf der Nürburgring-Nordschleife ohne Unterbrechung fortsetzen zu können. Es gab nach meiner Ansicht keine Alternative zu Geschwindigkeitsbegrenzungen und slow zones. Aber sie können natürlich nicht die Endlösung sein. Permanente Tempolimits auf einer Rennstrecke sind für mich ein No-Go.

Haben sich die Maßnahmen bislang bewährt?

Nach allem, was ich, auch von Fahrern, höre, sind die Maßnahmen akzeptiert. Es sieht wohl jeder ein, dass ohne die getroffenen Maßnahmen der Rennbetrieb in der VLN und das 24h-Rennen mit den geplanten Teilnehmerfeldern nicht möglich gewesen wären. Durch das GPS-System, das wir – sowohl in der VLN als auch beim 24h-Rennen – sowieso einsetzen, um die Geschwindigkeiten hauptsächlich in Unfallsituationen zu kontrollieren, haben wir eine gute Möglichkeit, die slow zones zu überwachen. Mir sind keine Unfälle bekannt, die durch die Einrichtung von slow zones entstanden wären.

Was bewerten Sie nach diesem Unfall neu?

Im Grunde genommen die Frage, ob und unter welchen Grundvoraussetzungen hochleistungsfähige Renntourenwagen und GT-Fahrzeuge weiterhin auf der Nürburgring-Nordschleife fahren können. Für mich öffnet sich ein Delta zwischen dieser archaischen Rennstrecke mit ihrer weltweit einzigartigen DNA und der immer weiter voranschreitenden Wettbewerbsfähigkeit und dem immer höheren technologischen Standard von Tourenwagen und GT-Autos.


Haben die professionellen Beobachter des Motorsports – die Organisatoren, die Funktionäre, die Fahrer und die Journalisten – nicht viel zu lange einer bedenklich erscheinenden Entwicklung zugeschaut? Vor Jahren hieß es schon, die Rundenzeiten sollten nicht unter 8.30 Minuten fallen. Lift-offs, das Abheben der Rennautos auf den Kuppen, wurden wohlwollend registriert. War dieser Unfall – zumindest was seinen Ursprung und seinen anfänglichen Verlauf anbelangt – nicht doch vorhersehbar?


Wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man immer klüger. Natürlich waren die genannten Zeichen an der Wand. Aber jeder hat sich in einer vermeintlichen Sicherheit gewogen. Jeder hat gesagt, die Senkung der Rundenzeiten, die Steigerung der Durchschnittsgeschwindigkeiten sind darauf zurückzuführen, dass die Rennstrecke kontinuierlich verbessert wurde: Jedes Jahr wurde ein anderes Streckenstück neu asphaltiert, wurden Bodenunebenheiten abgetragen, Curbs abgeflacht. Die Verbesserungen der Rundenzeiten wurden auch durch die Weiterentwicklung in der Reifentechnologie erreicht. Das hat aber mit einer möglichen Gefährdung durch die Rennautos selbst überhaupt nichts zu tun. Klar, man hätte im Nachhinein betrachtet früher eingreifen müssen. Aber umso wichtiger ist es, dass man jetzt reagiert, nachdem man diese Dinge auf so dramatische Art vor Augen geführt bekommen hat.

Wer trägt bei diesem Unfall die Verantwortung?

Es fällt mir schwer, hier jemandem eine Verantwortung zuzuweisen. Ich habe mich mit dieser Frage lange beschäftigt. Kann man dem Fahrer die Schuld geben? Nein. Kann man dem Hersteller die Schuld geben? Nein. Kann man dem Rennstreckenbetreiber die Schuld geben? Nein. Kann man dem Veranstalter die Schuld geben? Nein. Kann man dem DMSB die Schuld geben? Nein. Ich denke, alle, die ich jetzt genannt habe, tragen eine Grundverantwortung. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass sie alle involviert sind. Aber jetzt jemanden auszudeuten, den man an den Pranger stellen könnte, das, glaube ich, wird nicht möglich sein.

Welche mittel- bis langfristigen Konsequenzen sind aus Sicht der VLN aus dem Unfall zu ziehen?

Wir müssen sehr genau darauf achten, welche Rennautos in welcher technischen Konfiguration in Zukunft auf dem Nürburgring fahren. Und zwar auf dem Nürburgring, wie er jetzt existiert. Das geht – wenn man an der Rennstrecke nichts ändert – für meine Begriffe nur über eine technische Modifikation bestimmter Fahrzeuge.

Könnte es überhaupt Umbaumaßnahmen an der Nordschleife geben?

Das ist eine Frage, die der Betreiber der Rennstrecke beantworten muss, der ja im Augenblick nicht der Besitzer der Rennstrecke ist, sondern nur der Pächter.

Wer ist Besitzer der Rennstrecke?

Besitzer der Rennstrecke ist zur Zeit eine Treuhandgesellschaft. Das ist ein schwieriges Thema, in das wirtschaftliche und besitzrechtliche Aspekte hineinspielen. Grundsätzlich meine ich, dass man den Nürburgring in seiner augenblicklichen Konfiguration nicht signifikant verändern kann und auch nicht signifikant verändern darf. Der Nürburgring ist eine weltweit einzigartige Rennstrecke – und er soll es auch bleiben.

Sie vertreten den Standpunkt, dass man die Rennautos an die Rennstrecke anzupassen hat und nicht die Rennstrecke an die Rennautos?

Jede Entwicklung in der Vergangenheit hat gezeigt, dass man eine Rennstrecke nicht immer den Autos hinterher entwickeln sollte. Das führt am Ende zu nichts.

Wie soll die Sicherheit für die Zuschauer weiter verbessert werden?

Im Bereich Flugplatz gibt es einen zweiten FIA-Sicherheitszaun und einen Zaun, der die Zuschauer weiter von der Rennstrecke zurückhält. Ähnliche Maßnahmen sind in anderen Streckenabschnitten getroffen worden. Möglicherweise wird man noch andere Stellen kritisch überprüfen und dort eine größere Distanz zwischen Strecke und Zuschauerbereich schaffen oder die Zuschauer ganz fernhalten, wie das jetzt am Schwedenkreuz der Fall ist, wo ja auch eine slow zone eingerichtet wurde.

Sind die GT3 aufgrund ihrer ausgefeilten Aerodynamik mittlerweile nicht viel zu schnell für die Nordschleife? Und haben sie deshalb aus Ihrer Sicht dort überhaupt eine Zukunft?

Wenn die Hersteller nicht bereit sind, im Bereich Aerodynamik, vielleicht sogar auch im Bereich Motorleistung etwas zu ändern, dann ist möglicherweise die Zulassung für GT3-Fahrzeuge auf der Nordschleife in Gefahr. Es war ja nicht das erste Mal, dass sich ein Rennauto auf dem Nürburgring in die Lüfte erhoben hat. Und bezeichnenderweise waren das Autos aus Fahrzeugkategorien, die schon lange nicht mehr auf der Nordschleife zugelassen sind. Insofern müssen wir diesen Unfall auch als Fanal betrachten. Und als Warnung. Die Technik bleibt nicht stehen. Es mag Zufall oder auf die Tüchtigkeit des WRT-Teams zurückzuführen sein, aber sicherlich hat nicht ohne Grund ein GT3-Auto der neuen Generation – nämlich der neue Audi R8 LMS – nicht nur den zweiten VLN-Lauf gewonnen, sondern auch das 24h-Rennen. Das zeigt, wohin die Reise mit diesen GT3-Fahrzeugen geht. Ich glaube, da muss man jetzt einfach einen Stopp setzen.

Was müsste an den Autos, insbesondere an den GT3-Autos verändert werden?

Ich bin nicht Experte genug, um zu sagen, dass man den Frontsplitter ändern oder den glatten Unterboden verbieten oder den Heckspoiler vor- oder zurücksetzen muss oder was auch immer. Das müssen die Experten in den Arbeitsgruppen definieren. Aber ich glaube, der Bereich Aerodynamik darf in der jetzigen Diskussion nicht ausgespart werden. Über den Bereich Aerodynamik gelangt man aber gleichzeitig in den Bereich Motorleistung. Wenn die Autos plötzlich weniger Abtrieb haben, bedeutet das bei gleichzeitig unveränderter Motorleistung, dass die Höchstgeschwindigkeiten steigen. Dann verlagern wir ein Problem aus dem Bereich, in der die Aerodynamik grenzwertig ist, in einen Bereich, in dem die Höchstgeschwindigkeit grenzwertig wird. Und dann befinden wir uns wieder auf der Döttinger Höhe. Der dort eingerichteten slow zone liegt ja auch die Sorge zugrunde, dass irgendwann mal ein Auto auf die parallel verlaufende Bundesstraße fliegen könnte. Abwegig ist das ja nicht, schließlich ist das nach einem Highspeed-Unfall an der Antoniusbuche schon mal mit einer Fahrzeugkomponente passiert.

Gehört die Zukunft auf der Nordschleife dann den Klassen SP7, SP8? Der GT4?

Das hoffe ich nicht. Aber ich befürchte, dass das die Konsequenz wäre, wenn in den Arbeitsgruppen nicht die angemessenen Maßnahmen beschlossen werden.

Sie befürworten also schon weiterhin GT3-Autos auf der Nordschleife?

GT3-Fahrzeuge sind eine Bereicherung für jedes Rennen. Aber ich bin der Meinung, dass die GT3-Autos – und auch vergleichbare Autos wie jene aus den Klassen SPX oder E1XP – stärker den Bedingungen und den Herausforderungen der Nordschleife angepasst werden müssen. Die heutigen GT3-Autos werden für Rennstrecken mit einer völlig anderen DNA als die der Nordschleife entwickelt, für beliebige Rennstrecken. Die aktuellen GT3-Autos entsprechen nicht mehr den Herausforderungen, die eine Nürburgring-Nordschleife stellt.

Seit dem 1. Januar 2015 hat der Nürburgring eine neue private Betreibergesellschaft. Was ist dadurch für die VLN anders?

Es gibt allenthalben Bestrebungen des neuen Betreibers – ob er nun Besitzer ist oder Pächter, spielt da eigentlich keine Rolle –, mehr eigeninitiativ zu veranstalten. Das war bei der Test- und Einstellfahrt zu Beginn der Saison der Fall, das setzt sich mit zwei Test- und Einstellfahrten während der Saison fort, vor dem zweiten und vor dem neunten Lauf. Diese Test- und Einstellfahrten hat ja bislang die VLN organisiert. Die Strategie des Pächters ergibt sich aus den ehrgeizigen wirtschaftlichen Zielen, die sich die Gesellschaft gesetzt hat, die auch legitim und notwendig sind, wenn man die Rennstrecke und alles, was zum Nürburgring gehört, betriebswirtschaftlich vernünftig betreiben will. Das Problem für uns ist, mit dem Pächter einen Kompromiss und einen Modus Vivendi zu finden, der auf der einen Seite der VLN gestattet, zu halbwegs vertretbaren Kosten, die ja in irgendeiner Weise auch auf die Teilnehmer umgelegt werden müssen, Rennen veranstalten können. Und auf der anderen Seite dem Betreiber die Möglichkeit zu geben, dessen wirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Das ist ein Gordischer Knoten, den wir im Augenblick noch nicht gelöst haben.

Wie gestaltet sich der Dialog mit der Capricorn Nürburgring GmbH?

Der Dialog ist absolut konstruktiv. Jeder versteht die Situation des anderen. Aber wie das Endergebnis aussehen wird, vermag ich im Augenblick nicht zu sagen.

Wie wollen Sie die VLN in den kommenden Jahren weiterentwickeln?

Die weitere Professionalisierung der VLN können wir nicht aufhalten, aber wir müssen sie kontrollieren. Es ist ja eine fortschreitende Entwicklung, die sich aus dem Gefüge und dem Zusammenspiel der Teilnehmer ergibt. Wir werden die Professionalisierung der VLN nicht forcieren und nicht fördern, aber wir müssen sie berücksichtigen. Und wir müssen uns entsprechend als Dachorganisation aufstellen. Ich sehe die Zielgruppe der VLN ganz klar nicht in den Werken, sondern in professionell organisierten und professionell agierenden Teams, die in der VLN immer zahlreicher werden und die VLN als Plattform für ihre eigenen Geschäftsmodelle nutzen.

Welche personellen und organisatorischen Veränderungen haben Sie für die Saison 2015 konkret vorgenommen?

Wir haben in erster Linie im Bereich des Sportbetriebs, dem Kerngeschäft der VLN, strukturelle und personelle Veränderungen vorgenommen. Wir haben einen neuen permanenten Leiter der Streckensicherung: Andreas Mühlenbernd. Wir haben mit Peter Bröcher einen permanenten Rennleiter. Und wir haben im Bereich der Sportkommissare einen permanenten Vorsitzenden, Ulrich Liebert. Diese Personalien waren notwendig, um ein bestimmtes Level und eine gewisse Kontinuität in der Durchführung der Rennen zu garantieren. Wir haben in diesen Bereichen aber noch einiges zu tun. Das ergibt sich am Ende auch aus der Frage, wie wir uns im Hinblick auf einen neuen Vertrag mit der CNG und mit dem Rennstreckenbetreiber einigen.

Wie wird in Ihren Augen die VLN in fünf Jahren aussehen?

Wenn ich mir ausmalen darf, wie die VLN in fünf Jahren aussieht, dann so: Die VLN bietet den Teilnehmern zu wirklich vertretbaren wirtschaftlichen Konditionen eine Möglichkeit, Motorsport in einem sicheren, planbaren und stabilen Umfeld zu betreiben.

Wie wollen Sie den schwierigen Spagat zwischen privatem Breitensport und semiprofessionellem Motorsport auf der Nordschleife hinkriegen?

Das ist ein Punkt, an dem wir von Entwicklungen abhängig sind, die wir nicht beeinflussen können. Ich nenne ein Beispiel: Auf der einen Seite sind wir froh, dass wir Markenpokale haben, und ich weiß, es gibt bei weiteren Herstellern Pläne, im Rahmen der VLN Markenpokale durchzuführen.

Können Sie Namen nennen?

Namen kann und will ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht nennen. Generell kann ich sagen: Es gibt eine Reihe von Herstellern, die in der VLN eine hervorragende Möglichkeit sehen, mit einem Auto aus der aktuellen Produktion eine breite Motorsport-Präsenz herzustellen und dabei Kunden zu bedienen, die genau darauf Wert legen. Das sind zum Beispiel Händler, die Rennteams unterstützen oder selbst ein Rennteam betreiben. Es besteht für die VLN dabei aber eine große Gefahr. Wenn sich ein Hersteller entschließt, seinen Markenpokal nicht mehr fortzuführen – und das tut er dann, wenn ein Modellwechsel stattfindet –, dann fehlen uns auf einen Schlag 15, 20 oder noch mehr Autos. Die Kunden fragen sich, wie sie ihre Autos weiter einsetzen können, denn die Autos sind spezifische Cup-Versionen, die in keine klassische VLN-Fahrzeugklasse passen. Nehmen wir das Beispiel Opel. Der Astra OPC müsste in der SP3T klassifiziert werden und hätte da in der Cup-Konfiguration gegen einen Audi TTRS keine Chance. Das ist ein Sekundärproblem, das sich aus der Marketingstrategie eines Herstellers ergibt. Ich glaube, in fünf Jahren wird es für den reinen Privatfahrer, der einmal die Substanz der VLN bildete, sehr viel schwieriger als heute sein, mit seinen Mitteln Motorsport zu betreiben. Wie gesagt: Wir versuchen, die Entwicklung zu kontrollieren und zu steuern, aber wir können sie nicht aufhalten.

Was kann die VLN tun, um reine Amateurteams und -fahrer in der VLN zu halten oder solche, die ausgestiegen sind, wieder zurückzugewinnen?

Die, die ausgestiegen sind, haben dies aus zwei Gründen getan. Zum einen, weil ihnen das ganze Umfeld nicht mehr gepasst hat. Weil sie mit ihren meist kleineren Autos keinen Spaß mehr in einer VLN hatten, in der sie dauernd von Pulks größerer und schnellerer Autos, manchmal mit rücksichtslosen Fahrern am Steuer, links und rechts überholt wurden. Weil sie sich einfach in der VLN nicht mehr sicher aufgehoben fühlten. Zum anderen kehren Privatteams und -fahrer der VLN den Rücken, weil sie schlicht und ergreifend die finanziellen Mittel nicht mehr aufbringen können. Wir haben mittlerweile eine relativ starke Spreizung in den Nenngeldern zwischen Autos, die wir dem Breitensport zurechnen, und Autos, die in den semiprofessionellen Bereich gehören. Zwischen der kleinsten und der größten Entgeltkategorie gibt es einen Unterscheid von mehr als 100 Prozent. Das werden wir sicher so beibehalten, und es ist mein Ziel, in den unteren Fahrzeugklassen die Nenngelder stabil zu halten. Das sehen die finanzstärkeren großen Teams übrigens auch so: Sie sind durchaus bereit, noch mal ein bisschen mehr Nenngeld zu bezahlen, damit die kleineren Klassen zu unveränderten finanziellen Konditionen weiter fahren können.

Wird es auch in Zukunft zehn Rennen pro Saison geben?

Das hängt vom Rennstreckenbetreiber ab. Die VLN umfasst zehn Rennen, weil die VLN zehn Gesellschafter hat, und jeder Gesellschafter ein Rennen austragen kann. Wir brauchen natürlich zehn halbwegs vernünftige Termine, die auch in das Termingefüge am Nürburgring passen. Es ist weiterhin unser Ziel, zehn Rennen im Jahr zu veranstalten. Wir überlegen uns allerdings bereits einen Plan B für den Fall, dass der Rennstreckenbetreiber der VLN keine zehn, sondern nur noch neun oder acht Termine anbieten kann. Andeutungen in diese Richtung gab es schon.

Wie sieht übrigens die Zukunft der H-Klasse aus?

Die H-Klasse ist ein Sahnehäubchen im VLN-Feld. Daran möchte ich nicht gerne etwas ändern. Wir würden die H-Klasse vielmehr immer um ein Jahr weiterschreiben, so wie wir das in der Vergangenheit auch gemacht haben, so dass Autos ab einem bestimmten Baujahr als H-Fahrzeuge gruppiert werden können. Wer sieht, welche emotionalen Reaktionen ein Opel Manta oder ein BMW M1 oder irgendein anderes Auto von damals auslöst, sollte die H-Klasse nicht ohne Not streichen.

Autos von damals wecken Erinnerungen an alte Tage in der VLN. Kann die VLN nicht irgendwann wieder das sein, was sie einmal war? Eine reine Breitensport-Rennserie mit vielen klassischen Amateur- und Hobby-Rennfahrern?

Das wird es nicht geben. Das hieße, eine Entwicklung zurückzudrehen, und das ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich. Eine VLN-Veranstaltung ist heute ein Projekt, das sich einschließlich aller Kosten deutlich jenseits der 100.000 Euro bewegt. Und das kann man mit einem Teilnehmerfeld, wie man es vor zehn Jahren hatte, heute gar nicht mehr refinanzieren.